Die Steilküste: Capo Caccia
Capo Caccia – die Steilküste Sardiniens im Porträt
Steckbrief
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Lage: Nordwesten Sardiniens, Provinz Sassari, nahe Alghero
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Höhe: 168 Meter über dem Meeresspiegel
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Gestein: Weißer Kalkstein, stark zerklüftet
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Besonderheit: Steile Klippen, Aussichtspunkt für Sonnenuntergänge
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Hinweis: oft sehr windig, Vorsicht am Rand
Ein Fels, der nicht übersehen werden kann
Capo Caccia ist einer dieser Orte, die man nicht mit langen Worten beschreiben muss. Eine Wand. Ein Abbruch. 168 Meter Kalkstein, die senkrecht ins Meer stürzen. Unten: tiefblaues Wasser, manchmal fast schwarz, wenn die Sonne tief steht.
Von Alghero aus fährt man gut 25 Kilometer bis zum westlichsten Punkt des Capo-Caccia-Peninsels. Die Straße schlängelt sich, Kiefern am Rand, gelegentlich Blick auf die Küste. Und dann taucht er auf: der weiße Koloss.
Wer zum ersten Mal dort oben steht, spürt sofort die Dimensionen. Kein weicher Übergang, kein Strand. Einfach nur Kante. Und Wind. Oft so stark, dass die Haare querstehen.
Geologie in Sichtweite
Capo Caccia besteht aus Kalkstein, entstanden vor rund 100 Millionen Jahren, also in der Kreidezeit. Kalkstein ist porös. Das bedeutet: Wasser dringt ein, löst das Gestein langsam auf, hinterlässt Spalten, Höhlen, bizarre Formen.
Das Ergebnis sind hunderte von Karststrukturen. Von oben nicht immer sichtbar, von unten schon eher. Denn das Kap ist durchlöchert wie ein Emmentaler. Unterwasser-Höhlen ziehen sich kilometerweit ins Gestein. Manche werden von Tauchern besucht – ein eigenes Thema.
Ein Beispiel: die Grotta di Nettuno, eine Tropfsteinhöhle direkt im Fels, erreichbar über eine lange Treppe (die Escala del Cabirol, 654 Stufen). Oder per Boot, je nach Wetterlage. Wer sie betritt, versteht, was Kalkstein im Zusammenspiel mit Wasser alles hervorbringt: Stalagmiten, Stalaktiten, Hallen wie Kathedralen.
Zahlen, Daten, Messbares
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Höhe: 168 m über dem Meeresspiegel
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Länge des Kap-Massivs: rund 5 km
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Distanz Alghero – Capo Caccia: ca. 25 km
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Stufen der Escala del Cabirol: 654
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Tiefe der Grotta di Nettuno: bis zu 4 km begehbar (ein Teil für Besucher)
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Durchschnittswindgeschwindigkeit oben: 20–30 km/h, an manchen Tagen deutlich mehr
Ein Ort für Sonnenuntergänge
Wer nach Sonnenuntergängen sucht, landet irgendwann bei Capo Caccia. Die Lage im Westen macht’s möglich. Wenn die Sonne im Meer versinkt, färbt sich der Kalkstein zuerst gold, dann orange, manchmal blutrot.
Ehrlich gesagt: Es ist kitschig. Aber eben auch schön. Man steht da, mit Touristen, Locals, manchmal Hochzeitsfotografen. Jeder schweigt irgendwann, weil die Szenerie den Ton vorgibt.
Allerdings: Wer romantische Stille erwartet, sollte besser unter der Woche kommen. Am Wochenende parken die Autos Stoßstange an Stoßstange.
Wind, Wellen, Wirklichkeit
Ein Hinweis, den viele Reiseführer eher klein schreiben: Es ist windig. Fast immer. Die Steilküste wirkt wie ein Magnet für Böen. Im Sommer angenehm, im Winter eiskalt.
Der Wind macht die Erfahrung intensiver. Er trägt den Geruch des Salzes, das Donnern der Wellen. Gleichzeitig sollte man am Rand nicht leichtsinnig werden. Kein Geländer hält alles auf. Und 168 Meter sind kein Spaß.
Flora und Fauna
Capo Caccia ist nicht nur Fels. Die Halbinsel ist Teil eines Schutzgebiets – des Parco Naturale Regionale di Porto Conte. Das heißt: keine Massenhotels, keine durchgehende Bebauung.
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Pflanzen: Macchia mediterranea, also Wacholder, Myrte, Aleppo-Kiefern. Im Frühjahr blüht es intensiv – gelb, rosa, violett.
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Tiere: Bekannt ist das Kap als Lebensraum des Geierpaares – genauer des Gänsegeiers. In den Klippen nisten sie, mit Flügelspannweiten bis 2,70 m. Außerdem: Wanderfalken, Möwen, Eidechsen. Unter Wasser: Muränen, Zackenbarsche, rote Korallen.
Historisches und Menschliches
Capo Caccia war nicht immer nur Natur. Schon früh nutzten Menschen die Höhlen. Archäologen fanden Spuren aus der Jungsteinzeit – Keramik, Feuerstellen. Später wurde die Gegend für den Fischfang interessant.
Im 20. Jahrhundert entdeckte man das touristische Potenzial. Der Bau der Treppe zur Grotta di Nettuno war ein entscheidender Schritt. Heute gehört das Kap zu den bekanntesten Ausflugszielen im Nordwesten Sardiniens.
Praktische Tipps für Besucher
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Anfahrt: Mit dem Auto oder Bus von Alghero. Parkplätze sind vorhanden, aber begrenzt.
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Beste Zeit: Sonnenuntergang – aber auch vormittags interessant wegen der Lichtverhältnisse.
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Schuhe: Festes Schuhwerk, auch wenn man „nur gucken“ will.
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Sicherheit: Abstand vom Rand halten, besonders bei starkem Wind.
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Tipp: Wenn die Grotta di Nettuno geschlossen ist (wegen Wellengang), lohnt sich trotzdem die Treppe – schon der Abstieg mit Blick auf die Klippen ist beeindruckend.
Persönliche Einschübe
Einmal stand ich dort, an einem Februartag. 12 Grad, Wind wie ein Fön. Keine Menschenseele. Nur das Meer und ich. Und dieser Abgrund. Kein Postkartenmoment, eher ein realistisches Bild: kalt, laut, kantig. Genau deswegen so eindrücklich.
Capo Caccia im Vergleich
Man könnte sagen: Capo Caccia ist Sardiniens Antwort auf die Cliffs of Moher in Irland. Nur heller, trockener, mediterraner. Oder auf die Kreidefelsen von Rügen – aber massiver. Der Unterschied: Hier ist das Meer warm, die Vegetation duftet nach Rosmarin, und die Sonne geht fast garantiert unter.
Tauchen am Capo Caccia
Unterhalb der sichtbaren Klippen öffnet sich eine zweite Welt. Capo Caccia gilt als einer der interessantesten Tauchspots des Mittelmeers. Der Grund: Höhlensysteme.
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Grotta di Nereo: Mit einer Länge von über 300 Metern eine der größten Unterwasserhöhlen Europas. Taucher finden dort Gänge, Hallen, enge Durchbrüche. Es braucht Erfahrung – nichts für Anfänger.
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Grotta di Falco: Bekannt für ihre Tropfsteinformationen, die auch unter Wasser sichtbar sind.
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Korallenriffe: Sardinien ist berühmt für die rote Koralle (Corallium rubrum), die seit Jahrhunderten gesammelt und verarbeitet wird.
Die Bedingungen variieren. Im Sommer klares Wasser mit Sichtweiten bis zu 30 Metern. Im Winter rau, unberechenbar. Wer hier taucht, erlebt das Kap von unten – dieselben Wände, nur eben vertikal im Wasser.
Mythologische und kulturelle Spuren
Der Name „Capo Caccia“ bedeutet wörtlich „Jagd-Kap“. Es gibt verschiedene Erklärungen. Manche sehen den Zusammenhang mit der Jagd auf Vögel, die hier früher betrieben wurde. Andere deuten es als Hinweis auf die Lage, die wie ein „Kopf, der hinaus ins Meer jagt“ wirkt.
In lokalen Legenden taucht das Kap immer wieder auf. Fischer erzählten von Göttern, die in den Höhlen lebten. Manche sprachen von Nereiden, Meeresnymphen, die in der Tiefe sangen. Ob Mythen oder nur Seemannsgarn – sie zeigen, dass dieser Fels schon immer Eindruck hinterließ.
Die Grotta di Nettuno trägt nicht zufällig den Namen des Meeresgottes. Schon im 19. Jahrhundert romantisierten Reisende diese Tropfsteinhallen.
Fotografie-Tipps
Capo Caccia ist ein dankbares Motiv, aber auch eine Herausforderung.
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Sonnenuntergang: Klassiker. Die Sonne verschwindet genau hinter dem Kap – je nach Jahreszeit etwas links oder rechts. Ein Teleobjektiv bringt die Konturen des Felsens stärker zur Geltung.
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Mittagslicht: Weniger romantisch, aber praktisch für Kontraste. Der weiße Kalkstein reflektiert, das Meer darunter wirkt fast karibisch.
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Wind nutzen: Ein Stativ ist Pflicht, wenn man Langzeitbelichtungen machen will. Der Wind schüttelt Kamera und Fotograf gleichermaßen.
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Drohnen: Erlaubt nur eingeschränkt, da Teile des Gebiets geschützt sind. Unbedingt vorher Regeln checken.
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Tipp für Detailfreunde: Die Escala del Cabirol selbst ist ein Motiv – die Treppe, die sich wie ein Band an die Wand legt.
Saisonale Eindrücke
Das Kap verändert sich stark mit den Jahreszeiten.
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Frühling (März–Mai): Beste Wanderzeit. Blühende Macchia, moderate Temperaturen, wenig Touristen. Sonnenuntergänge klar, manchmal mit Saharastaub verfärbt.
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Sommer (Juni–August): Heiß, trocken, viele Besucher. Das Licht ist hart, das Meer dafür perfekt zum Tauchen. Achtung: Nachmittags sehr voll.
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Herbst (September–Oktober): Ruhiger, das Meer noch warm. Ideal für Fotografie – weiches Licht, Farben intensiver.
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Winter (November–Februar): Wild, fast rau. Kaum Touristen, dafür starker Wind und Wellen, die gegen die Klippen schlagen. Wer Einsamkeit sucht, findet sie hier.
Fazit
Capo Caccia ist kein stiller Postkartenblick, sondern ein Ort mit wechselnden Gesichtern. Tagsüber ein Wanderziel, abends ein Fotopunkt, unter Wasser ein Höhlensystem, in den Legenden ein geheimnisvoller Ort. Und je nach Jahreszeit zeigt er ein anderes Gesicht: mal bunt, mal still, mal laut.
Wer die Steilküste besucht, sollte sich Zeit nehmen. Nicht nur für den Sonnenuntergang, sondern auch für die kleinen Details: den Geruch der Macchia, die Geräusche der Vögel, das Spiel der Wolken über dem Meer.
FAQ (erweitert)
Kann man am Capo Caccia tauchen?
Ja, es gibt mehrere Tauchschulen in Alghero, die Touren zu Höhlen wie der Grotta di Nereo anbieten.
Wann ist die beste Jahreszeit für Fotografie?
Herbst und Frühling – wegen des weichen Lichts und geringerer Besucherzahlen.
Woher kommt der Name Capo Caccia?
Wahrscheinlich von der Vogeljagd, die hier traditionell betrieben wurde.
Ist es im Winter zugänglich?
Ja, aber mit Einschränkungen. Bei starkem Wind oder Regen können Wege gesperrt sein.
Wie hoch ist Capo Caccia?
168 Meter über dem Meeresspiegel.
Wo liegt Capo Caccia?
Im Nordwesten Sardiniens, nahe Alghero, Provinz Sassari.
Wie kommt man zur Grotta di Nettuno?
Zu Fuß über die Escala del Cabirol (654 Stufen) oder per Boot von Alghero oder Porto Conte.
Ist der Besuch kostenlos?
Die Aussichtspunkte sind frei zugänglich. Eintritt wird nur für die Grotta di Nettuno verlangt.
Kann man baden?
Direkt am Kap nicht, es gibt keinen Strand. Aber in der Bucht von Porto Conte und in Alghero schon.
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Capo Caccia in Sardinien: 168 Meter hohe Kalksteinklippen, Höhlen wie die Grotta di Nettuno, spektakuläre Sonnenuntergänge, Tauchen in Unterwasserhöhlen und Tipps für jede Jahreszeit.
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